Biden in Trumps Fußstapfen

Andreas Ross, FAZ:

Man beachte die Reihenfolge, in der Biden aufzählte, was China bedrohe: „unseren Wohlstand, unsere Sicherheit und unsere demokratischen Werte“.

Mit einer „Buy American“-Kampagne wird Biden die Urkräfte von Globalisierung und Digitalisierung nicht bändigen können, geschweige denn Chinas Weltmachtwerdung aufhalten.

Der im Vergleich zu den Vereinigten Staaten sehr erfolgreiche Umgang des autoritären Chinas mit der (dort ausgebrochenen) Pandemie verbessert noch Pekings Stellung in der Welt. Der Einparteien­staat lockt oder nötigt immer mehr Länder auf allen Kontinenten in seine Einfluss­sphäre und arbeitet beständig daran, der Welt seine Regeln zu diktieren. Das zuzulassen, läge gewiss nicht im langfristigen Interesse „arbeitender Familien“ in Amerika oder auch in Europa. Biden hat in seiner ersten außen­politischen Grundsatzrede nicht erkennen lassen, dass er ein Rezept dagegen wüsste.

Bernd Pickert, taz:

Afghanistan, Syrien, Libyen, Irak und Iran kamen in Bidens Rede nicht vor. Israel erwähnte er mit keinem Wort.

Mit anderen Worten: Jene Länder, in denen sich die USA in den letzten zwei Jahrzehnten am stärksten kriegerisch engagierten, kamen genauso wenig vor wie der wichtigste US-Verbündete im Nahen Osten. Er wolle nicht die Auseinander­setzungen der Vergangenheit führen, sondern die Konflikte der Zukunft lösen, sagte Biden – das klingt logisch und wäre es auch, wenn die Vergangenheit denn vergangen wäre.

Bidens außenpolitsches Team besteht zum größten Teil aus Leuten, die schon unter Barack Obama Verantwortung trugen. Sie haben damals keinen einzigen der von der Bush-Regierung übernommenen Konflikte lösen können, haben Libyen erst militärisch in das Chaos gestürzt, in dem es jetzt noch ist, und die massive militärische Unterstützung der saudischen Jemen-Koalition erst begonnen, die Biden jetzt beenden will.

Obamas außenpolitischer Führungsstil gab sich multilateralistisch und Prinzipien verpflichtet – in Wirklichkeit handelte er oft unentschlossen, erratisch und der Idee verpflichtet, möglichst wenig innenpolitischen Kollateralschaden zu erzeugen. Dass seine Regierung in den letzten vier Jahren unter den Alliierten vermisst und Biden herbeigesehnt wurde, lag kaum an Obamas Erfolgen, sondern an Trumps Chaos.

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