Klaus Hillenbrand, taz:

Westdeutschland beharrte nicht nur auf der Wiedervereinigung samt Nichtexistenz der DDR, die in den 1960er Jahren nur in Anführungsstrichen geschrieben wurde. Der Staat verlangte auch eine Rückkehr der „verlorenen Ostgebiete“, die längst zu Polen und zur Sowjetunion gehörten. „Dreigeteilt niemals!“ lautete die Parole, und sie betraf im besonderen Maße die Oder-Neiße-Grenze zwischen der „DDR“ (mit Anführungsstrichen) und Polen.

Brandt hatte seine neue Ostpolitik auf dem SPD-Parteitag 1968 skizziert. Es gehe um eine „Anerkennung beziehungsweise Respektierung der Oder-Neiße-Linie bis zur friedensvertraglichen Regelung“. Als er ab 1969 daranging, diese außenpolitische Neuordnung durch Gespräche mit Vertretern der Sowjetunion, Polen, der Tschechoslowakei und der DDR (ohne Anführungsstriche) in die Tat umzusetzen, erhob sich bei Konservativen und Rechtsradikalen ein Geschrei bisher unbekanntem Ausmaßes, angefacht noch dadurch, dass die Union bis dato geglaubt hatte, sie habe ein natürliches Recht auf die Regierungsmacht in Bonn.

Also sprach Franz Josef Strauß (CSU) im Februar 1970: „Ich weigere mich, den Untergang des Deutschen Reiches durch eine Politik des Ausverkaufs ohne Gegenleistungen zu besiegeln.“ Im August schrieb der Bayernkurier: „Mit Eifer verfolgt die Regierung Brandt ihre Politik, Deutschland – bewusst oder unbewusst – zu verkleinern und in möglichst viele Staaten aufzuteilen.“ Auf Demonstrationen erschienen Transparente mit Aufschriften wie „Volksverräter Willy Brandt heraus aus unserem Vaterland“, auch erinnernd an Brandts Exilzeit, die ihm die Rechten nicht verziehen.

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