Wie wir das etwa mit der Türkei gemacht haben

Die Zeit:

ZEIT ONLINE: Welche Lehre lässt sich aus dem Verlauf des aktuellen US-Wahlkampfes für die anstehende Bundestagswahl ziehen?

Mützenich: Mir fällt nichts ein, woran wir uns ein Beispiel nehmen sollten. Wie in den USA politische Debatten geführt werden, dürfte für viele in Europa abschreckend wirken. Also sollten wir bewusst darauf achten, dass wir hart in der Sache, aber fair wahlkämpfen. Das TV-Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden ist ein absoluter Tiefpunkt und ein gutes Beispiel dafür, wie es nicht sein darf.

ZEIT ONLINE: Eine Parallele ist doch auffällig: Die Herzen der SPD und der US-Demokraten schlagen links. Die SPD hat zwei linke Chefs gewählt und Bernie Sanders hat die Basis bei den Vorwahlen elektrisiert. Aber in beiden Fällen haben sich die Parteien mit Blick auf die Wählbarkeit in der Bevölkerung für den Vernunftkandidaten entschieden.

Mützenich: Olaf Scholz ist nicht Joe Biden! Und für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die entscheidende Frage nicht, wie links der Spitzenkandidat ist. Es kommt darauf an, wer für die Herausforderungen, die vor uns liegen, die Erfahrung und das Fachwissen mitbringt. Olaf Scholz ist krisengestählt und er hat auch in der Corona-Krise die Bundespolitik geprägt. Ich bin der festen Überzeugung, dass die SPD da richtig entschieden hat.

ZEIT ONLINE: Wie müsste Deutschland sich verhalten, sollte etwa Donald Trump – wie er mehrfach angedeutet hat – das Ergebnis der US-Wahl nicht anerkennen?

Mützenich: Wir sollten uns nicht in eine mögliche Verfassungskrise in den USA einmischen. Aber wir können uns klar positionieren und wir können Fragen stellen, wie wir das etwa mit der Türkei gemacht haben. Aber ich habe mir nie vorstellen können, dass sich diese Fragen jemals in einer der Herzkammern der westlichen Demokratie stellen würden.

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