Der Deutsche Herbst

Die Entführung von Hanns Martin Schleyer, die Selbstmorde von Baader, Raspe und Ensslin in Stammheim, die dramatischen Stunden der Entführung der Lufthansa-Maschine »Landshut« und die Befreiung der Geiseln in Mogadischu hielten diesen Geschichtenfluss schlagartig an — ein STOP im neuen Leben. Ein übergroßer Schatten legte sich auf die gerade wieder errungenen Tageskräfte und ließ erneut die körperlichen und seelischen Lähmungssymptome siegen. Zwei Wochen lang gingen wir nur für das Nötigste aus dem Haus. Die Tage ver­langsamten sich, weil wir gedanken­schwer und gefühlstaub nur darauf warteten, was als Nächstes passieren würde.

Was ist da eigentlich in Deutschland los?, fragten uns die Amerikaner, die gerade zum ersten Mal ein gutes Bild von Deutschland und seinem demokratischen Weg gewonnen hatten. Erstmals empfanden sie die Bundes­republik als gefestigten Rechtsstaat, als eine Demokratie, die gerade begann, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.

Plötzlich war sie da, eine politische Angst, die ich zum ersten Mal in meinem Leben verspürte.

—Corinna Ponto, Patentöchter, (Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2011), 101.

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